Januar 31

LGBTQ-Trauung?-Mein Statement

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Von Maureen

31. Januar 2021

Ein Gespräch mit einer lesbischen Braut inspirierte mich zu diesem Statement:

"Eine letzte Frage: Wie stehst du zu gay weddings? Oder machst du das nur wegen des Geldes?"

Puh! Da war ich ganz schön baff, als mich das eine lesbische Braut nach einem fast einstündigem Kennenlern-Video-Telefonat fragte. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. 

Und gleichzeitig war mir klar, dass diese Frage aus einem tiefen Schmerz heraus gestellt wurde. Die Dimension davon wurde mir nach und nach bewusst, als ich mich wieder von meinem kleinen Schock erholt hatte.

Ich holte aus und erzählte ihr meine Geschichte, die ich nun auch mit euch teilen werde.

Ich wuchs in den 70er Jahren als einziges afrodeutsches Kind in meiner Klasse im tiefsten Bayern auf.

....Na gut, es war München-Sendling, das sich aber wie das tiefste CSU-regierte Bayern anfühlte.

Da war noch nicht viel mit hipper Diversität. 5 Jahre zuvor war meine ältere Schwester, die als Baby in einem Kinderwagen vor dem Supermarkt stand, angespuckt worden. Sie war eines der süssesten Babies mit grossen, unschuldigen Kulleraugen, und als meine Mutter aus dem Supermarkt kam, musste sie feststellen, dass ihr Schatz rotzige Spucke im Gesicht hatte. 

Es waren harte Zeiten für unsere alleinerziehende Mutter. Als ein damals im Krieg unter Hunger leidendes Mädchen, versuchte sie, uns das Leben zu versüßen, indem sie uns mit Essen tröstete.

Ich war also nicht nur ein "schwarzes" Kind, sondern auch noch ein dickes, schwarzes Kind einer armen, alleinerziehenden Mutter. Ihr könnt euch vorstellen, wie man sich da als Aussenseiterin fühlt.

Anders als meine arme Schwester hatte ich aber Jahre später das Glück, witzigerweise vor selbigen Supermarkt, ein ganz andere Erfahrung zu machen:

Eine alte Frau, die sicher das Nazi-Deutschland miterlebt haben musste, kam auf mich kleines, pummeliges Mädchen zugewackelt. Sie musterte mich von oben bis unten und meinte plötzlich: "Mei! Mei bist DU scheee!!! Du bist wunderschee!!!" Dann wackelte sie wieder davon.

Seitdem war ich der festen Überzeugung, dass sie Recht haben musste. Und egal wie oft ich als "schwarz oder dick" beschimpft wurde, ich wusste tief in mir, dass ich wunderschön war. 

Meine Mutter versuchte uns ebenfalls Selbstvertrauen einzuimpfen, um uns für die Welt da draussen zu wappnen. Sie sagte immer: "Ich kann dich zwar nicht mit materiellen Dingen unterstützen, aber ich unterstütze dich emotional. Tu was dich glücklich macht! Lebe deinen Traum!" Ganz schön modern, was?

Das tat ich dann auch und versuchte, Einstieg und Kontakt ins Showbusiness zu bekommen. Eine meiner ersten Stationen war ein kleines Travestie-Theater, in dem ich hospitieren durfte. Dort begegnete ich den wunderbarsten und buntesten und glitterigsten Geschöpfen, die ich je gesehen hatte. Ich war fasziniert von deren Welt.

Sie hatten sich dort in diesem Mini-Theater ein kleines Paradies erschaffen, in dem getanzt und gesungen wurde. Ich bewunderte ihre Freiheit, ihre Kreativität und Lebenslust.

Bis mir eines Tages klar wurde, dass sie einen grossen Preis dafür bezahlten. Denn sobald sie dieses Paradies verliessen, waren sie schweren Repressalien ausgesetzt. Einer meiner Lieblingsdarsteller wurde z.B. in einer Strassenbahn krankenhausreif geprügelt. Er war in der Weihnachtszeit als Walking Act unterwegs gewesen und sah wie ein riesiges Geschenk mit Schleife auf zwei Beinen aus. Er passte wohl mit seinem Kostüm nicht ins Taxi und nahm deshalb die Strassenbahn. Dieses wunderbare Kunstgeschöpf, das den Menschen so viel Freude brachte, wurde einfach verdroschen, weil es wagte, so zu sein, wie es ist. Schrill und kreativ. Und vor allem: Wer verprügelt denn bitte ein Geschenk???

Dieser Vorfall schmerzte mich sehr. Er traf mich ganz tief. Wusste ich doch, wie es sich anfühlt, für sein bloßes Sein angefeindet zu werden.

Ab diesem Zeitpunkt fühlte ich mich der LGBTQ-Szene noch mehr verbunden, denn ich glaubte, ihren Schmerz nachempfinden zu können.

Heute bin ich immer noch eine gern gesehene Gast-Künstlerin auf LGBTQ-Veranstaltungen, wie dem Kölner Kultur-Schock,  den Kulturetten in Düsseldorf oder dem Rhein-Queer Festival in Bonn.

Also, um nochmal die anfängliche Frage zu beantworten: I feel you. 

Ich habe mein ganzes Künstlerleben mit schwulen Menschen verbracht. Für mich ist es ganz "normal". No Big Deal! Mich interessiert, welchen Charakter ein Mensch hat, aber nicht seine sexuelle Orientierung oder Identität. Und ehrlich gesagt, finde ich es schlimm, dass ich überhaupt diesen Blogartikel schreiben und dies thematisieren muss. Denn das bedeutet, dass unsere Gesellschaft diesbezüglich leider immer noch einen langen Weg vor sich zu haben scheint. Aber diesen Weg müsst ihr nicht alleine gehen. 

Ich bin an eurer Seite. Immer! 

Eure Maureen

Wie siehst du das? Haben wir noch einen weiten, langen Weg bzgl. der Akzeptanz von LGBTQ vor uns oder denkst du, dass sich die Gesellschaft zum Positiven hin entwickelt? Lass es mich wissen und schreibe mir in die Kommentare oder auf Instagram!

Das Titelbild stammt von der Fotografin Rika von Before&After Wedding und das Video wurde im Rahmen unseres LGBTQ-Styled-Elopement-Shootings  in den Maasduinen von unserem wunderbaren Videografen Jogchum von  für-immer.net aufgenommen. Es war schon spät, alle waren erschöpft und das Make-up saß auch nicht mehr so richtig. Egal! Denn die Message ist wichtig!

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Maureen


Hi, ich bin Maureen Wyse, Eure singende Rednerin in Freud und Leid!
Mit meinem Gesang und meinen euch auf den Leib geschneiderten Freien Trauzeremonien oder nicht konfessionellen Trauerfeiern unterstütze ich euch in euren emotionalsten Elementen. Und wenn ich gerade nicht singe oder rede, teile ich gerne meine "Wyseheiten" mit euch in Form von Blogartikeln und Kommentaren.

Maureen Wyse

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